Kürzlich nahm ich an einer Konversation zu Achtsamkeit und Umgang mit Rassismus teil. Sharon Salzberg, eine Rednerin, wurde gefragt, wie sie Sicherheit definieren würde. Ihre Antwort: Die Fähigkeit, dem Unerwarteten zu begegnen.
Um in diesen Zeiten die eigene Sicherheit wieder zu gewinnen und eine Perspektive zu haben, braucht es eine gewisse Form von innerer Zentrierung. Was ist das und wie erkennt man sie? Am deutlichsten merkt man es, wenn man sie verloren hat. Wenn beispielsweise die Gedanken beim Nachtessen in der Sitzung sind und nicht am gemeinsamen Tisch mit Familie oder Freunden. Statt Messer und Gabel in den Händen zu spüren, vergisst man vor lauter Sitzungsgedanken, wo man eigentlich sitzt. Vielleicht war die Sitzung online und man sass bereits vorher an diesem Esstisch? Kein Wunder also, dass man noch immer in der Sitzung ist. Im Homeoffice wird mancher Esstisch zur Arbeitsfläche. Um eine innere Zentrierung für das Abendessen zu finden, braucht es eine Abgrenzung zwischen Arbeit und Freizeit. Wenn es nicht mehr unterschiedliche Orte sind, kann ein einfaches Ritual helfen. Eine Kollegin erzählte mir von einer Bekannten, die am Abend nach der Arbeit im Homeoffice Mantel und Schuhe anzieht, das Haus verlässt, einmal um den Block spaziert und dann nach Hause kommt und Feierabend hat. Sie fühlt sich dadurch besser und sicherer in diesen herausfordernden Zeiten. Link: Mindfulness and racial healing with Ruth King, Sharon Salzberg and Stephen Nachmanovitch
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Warum sind wir in der westlichen Welt so verletzlich und verloren, wenn wir nicht wissen was die Zukunft bringt? Die Planbarkeit der Zukunft - wir sind daran gewohnt. Das Fahren auf Sicht fällt uns schwer, privat und beruflich. Für viele KMUs und Selbständige ist es eine ungemein schwierige Situation. Doch nicht die herausfordernde Situation bringt uns an die mentalen Grenzen, sondern die Gefühle, die damit verbunden sind. Klar ist, es irritiert uns, wenn es nicht nach Plan läuft. Das zeigt sich bereits in Mikro-Situationen: wenn ich beispielsweise mit kleinen Reisegruppen in traditionellen afrikanischen Regionen unterwegs bin und Gäste unruhig werden, weil der Bus nicht pünktlich fährt. Unruhe, vielleicht sogar Unzufriedenheit, weil nicht eintrifft, was angesagt wurde. Was bedeutet das? Es zeugt davon, dass die innere Zufriedenheit an die Abfahrtszeit des Buses geknüpft wird. Diese Verbindung mag leicht absurd wirken, doch wie schnell löst eine äussere Planänderung eine innere Unzufriedenheit oder Zufriedenheit aus? Bezogen auf die Planbarkeit der Zukunft: zwar ist allen klar, dass niemand die Zukunft bis zum letzten Tropfen zuverlässig planen kann. In der westlichen Welt haben wir vieles mit der Agenda durchgetaktet und durchgeplant . Doch Unvorhergesehenes, Überraschungen, und Zugefallenes sind normale Lebenszustände. Damit hat die menschliche Funktionsweise keine Probleme. Zum Glück! So können wir uns entschliessen, das Unbestimmte als etwas Positives anzunehmen. Damit werden wir nicht planlos, sondern bleiben Regisseure im eigenen Leben. Denn wir können entscheiden, wie wir mit Ereignissen, die sich entfalten, umgehen wollen. Entscheiden wir uns, das Unbestimmte der Zukunft als positives Phänomen anzunehmen, meint das nicht keine Pläne mehr zu haben. Jedoch sind dann Planänderungen positive Phänomene und keine negativen Störungen, die versteckt oder ausgemerzt werden müssen. Auch wenn das Unbestimmte positiv angenommen wird, bleiben die Herausforderungen für Selbständige und KMUs bestehen. Doch mit dem Unterschied, dass das Unbestimmte freundlich zur Erkundigung einlädt. Bild: Free-Photos Ich muss mich entscheiden. Im Rhythmus des Herzschlages erscheinen Argumente, Gegenargumente, Enthusiasmus, Zweifel. Bunt und vielfarbig entstehen innere Bilder. Ohne Klarheit. Das ist normal, sagt meine innere Supervisorin, nimm diese Unsicherheit als Chance. Jetzt hast du Zeit zum Nachzudenken. Doch ich will nicht Zeit, ich will es jetzt wissen! In Gedanken schreie ich sie an und werfe ihr die Plattitüden wie altes Teegeschirr vor die Füsse. Es scheppert. Tassen und Teller zersplittern. Das weisse Innere der Keramik wird in den Bruchstellen sichtbar. Die blauen Tassen sind nun sichtbar weiss. Es sind weisse Tassen mit blauer Aussenhaut. Was geht mit dieser Erkenntnis einher? Nach Qoholet ist Erkenntnis eine besondere Form des Wissens, die sich durch ihren Wahrheitsgehalt und ihre Begründbarkeit sowohl vom Nichtwissen als auch vom Scheinwissen unterscheidet[1]. Doch die Welt ist komplizierter als ein Teegeschirr.
Deshalb braucht gelingendes Erkennen die Ausdehnung des Erkenntnishorizont auf die ferne Vergangenheit als auch auf die ferne Zukunft[2]. Doch wer kennt die Zukunft? So bleibt Erkenntnis verwehrt und wir leben in einer Gegenwart mit ihren Rätseln - und meiner Frage: wo sind die Orientierungspunkte für Entscheidungen? Durch deine Werte, antwortet die innere Supervisorin. Das sagen viele,, doch frage ich mich, wie abstrakte Werte wie Gestaltungsraum, Wertschätzung oder Nachhaltigkeit in der Entscheidung helfen sollen? Das sind gute Erklärungsprinzipien[3], aber keine Anleitungen für eine Entscheidung. Was bleibt? Wir müssen uns entschliessen, das Unbestimmte als positives Phänomen zu betrachten[4]. Dann können wir Führung durch die Entfaltung von Ereignissen annehmen. Es ist die offene Hand der Welt und die Kraftlinie zwischen mir und dem, was ich sehe[5]. «Ich und die Welt» sind keine losen Fäden sondern ist ein festes Gewebe. Innen und Aussen sind eng verwoben, eine wechselseitige Beziehung. Aus dieser Beziehung bildet die innere Kraft des Menschen die individuelle Form. Zen-Meister Sokei-an sagt: Ich pflanze einen Samen und der Same keimt. Das ist die Antwort der Natur auf mein Tun[6]. Welche Antworten erhalten Sie auf Ihr Tun? [1][2]Schellenberg, Annette (2002). Erkenntnis als Problem: Qohelet und die alttestamentliche Diskussion um das menschliche Erkennen. Freiburg, Göttingen: Universitätsverlag/ Vandenhoeck Ruprecht. [3] Bateson, G. (2017, 12. Aufl.): Ökologie des Geistes. Frankfurt: Suhrkamp [4] Merleau-Ponty, M. (1974): Phänomenologie des Geistes. Berlin: De Gruyter [5] Merleau-Ponty Phenomenology of Perception zitiert in Jacoby, M. (2003): Making Sense of Expression. Dissertation Philosophie, unveröffentlicht EGS European Graduate School [6] Wydler Hudach, A: Die Aufzeichnungen von Lin-Chi kommentiert von Meister Sokei-an Bild von Pixource auf Pixabay Unter dem Titel «Ausbrecherkönigin» erzählt Léa in einem ganzseitigen Inserat über ihren Ausgleich zum stressigen Alltag. Sie fährt mit ihrem Bus in die Berge und erklimmt 4’000er. Die Werbung läuft im Auftrag von auto-schweiz, dem Verband der 35 Generalimporteure von Autos. Ein cleveres Marketing, das fragt welche Beziehung die Schweiz zum Auto hat und gleichzeitig antwortet: «das Auto schenkt ein Gefühl der Freiheit». «Was macht uns glücklich», fragt der Verband für Ausbildungsfachleute im neusten Newsletter. Es wird nicht erwartet, dass wir darüber nachdenken. Der Verband kennt die Antwort bereits: ein Kurs in positiver Psychologie. Zwei Beispiele, die durch ihr Muster den Leser, die Leserin einladen, mitzudenken. Das Mitdenken wir aber gleich wieder auf Stand-By-Modus gesetzt. Damit steht zwischen den Zeilen folgende Botschaft: «nur keinen Stress, alles im Griff. Wir antworten und du bist glücklich, fühlst dich frei und deine Wäsche ist sauber.» Alles nur Werbung? Ja und nein. Denn diese Kommunikationsmuster wirken auf uns, ohne dass deshalb gleich das neoliberale Wirtschaftssystem ‘profit over people’ kritisiert werden muss. Die Analyse ‘Zwischen-den-Zeilen’ teilt uns mit, dass persönliche Fragen zwar gestellt werden, die Antworten aber nicht von uns persönlich, sondern von einer anderen Instanz gegeben werden. Das Muster sagt uns: herausfordernde Fragestellungen zum eigenen Leben werden für uns von jemandem gelöst. Ob Bücher, Promis oder Management-Gurus – auf eine herausfordernde Frage folgt sogleich die richtige Antwort. Doch statt Antworten, könnten wir die Fragen lieben. Rilke lädt dazu ein. Was mich bewegt
von Rainer Maria Rilke Man muss den Dingen, die eigene, stille, ungestörte Entwicklung lassen, die tief von innen kommt, und durch nichts gedrängt oder beschleunigt werden kann; alles ist austragen – und dann Gebären. Reifen wie der Baum, der seine Säfte nicht drängt und getrost in den Stürmen des Frühlings steht, ohne Angst, dass dahinter kein Sommer kommen könnte. Er kommt doch! Aber er kommt nur zu den Geduldigen, die da sind, als ob die Ewigkeit vor ihnen läge, so sorglos still und weit. Man muss Geduld haben, gegen das Ungelöste im Herzen, und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben, wie verschlossene Stuben, und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Forsche jetzt nicht nach Antworten, die dir nicht gegeben werden können, weil du sie nicht leben kannst, und es handelt sich darum, alles zu leben. Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich, ohne es zu merken, eines fremden Tages in die Antwort hinein. Everybody can be an artist
Auch wenn meine Innenwelt aufs engste verflochten ist mit dem Rest der Welt, so gibt es doch einen gewaltigen Unterschied zwischen einem Leben, in dem jemand sich so um sein Denken, Fühlen und Wollen kümmert, dass er in einem emphatischen Sinne „Künstler, Künstlerin“ und das eigene Leben das Werk ist, und einem anderen Leben, dass der Person nur zustösst und von dessen erleben sie wehrlos überwältigt wird, so dass statt von einem Werk nur von einem Schauplatz des Erlebens, einer Bühne, die Rede sein kann. Selbstbestimmung zu verstehen heisst, diesen Unterschied zu erkennen (Bieri, 2011). Even though my inner world is closely interwoven with the rest of the world, there is a huge difference between a life in which someone cares about his or her thinking, feeling and willingness in such an emphatic way that they are the “artists” and one's own life is the work, and another life that only happens to the person and from which he or she experiences being defencelessly overwhelmed, so that instead of a work of art, there is only a stage and a set of experience. Understanding self-determination means to recognize this difference. We are canvas, colours and the tone Vieles, was wir fühlen und wünschen ist für uns zunächst undurchsichtig und diffus. Der Prozess der Klärung, in dem wir uns die Situation und die Geschichte des Erlebens vor Augen führen, macht etwas mit dem Gegenstand: Indem wir die Gefühle und Wünsche identifizieren, beschreiben und von anderen unterscheiden lernen, wandeln sie sich zu etwas, das genauere Erlebniskonturen hat als vorher. Aus Gefühlschaos etwa kann durch sprachliche Artikulation emotionale Bestimmtheit werden. Und das kann man verallgemeinern: Wenn unsere Sprache des Erlebens differenzierter wird, wird es auch das Erleben selbst. Selbstbestimmung bedeutet, dass wir sie uns aneignen (Bieri, 2011) Much of what we feel and wish for is initially opaque and diffuse. The process of clarification, in which we visualize the situation and the history of the experience, does something to the object: By identifying, describing and learning to distinguish feelings and desires, they transform into something that has more precise contours of experience than before. For example, emotional chaos can be turned into emotional certainty through linguistic articulation. This can be generalized as: when our language of experience becomes more differentiated, so does the experience itself. Self-determination means that we acquire it. World of co-creators Der Sinn des Politischen ist, dass Menschen in Freiheit, jenseits von Gewalt, Zwang und Herrschaft, miteinander verkehren, Gleiche mit Gleichen, die nur in Notfällen einander befehlen und gehorchen, sonst aber alle Angelegenheiten durch das Miteinander-Reden und das gegenseitige Sich-Überzeugen regeln (Arendt, 2003). The meaning of politics is that people in freedom, beyond violence, coercion and domination, communicate with each other, peer to peer. They only command and obey each other in times of emergencies, otherwise, all matters are regulated by talking, listening and convincing each other. Reference list Arendt, Hannah (2003): Was ist Politik, Piper-Verlag Bieri, Peter (2011): Wie wollen wir leben. Residenz-Verlag Maschinen, die lernen und mit ihrer künstliche Intelligenz in Zukunft unsere Software entwickeln? Wir bewegen uns in Algorithmen und Filterblasen als globale Form des Stammtisches: man trifft sich mit Gleichgesinnten und redet als wäre die eigene Sichtweise die einzige Wahrheit. Wie können wir in einem solchen Umfeld laterales Denken, Ambiguitätstoleranz und emotionale Intelligenz entwickeln? Denn Beziehungen sind keine Codes und emotionale Intelligenz zeigt sich dann, wenn man die Filterblase und den Stammtisch verlässt und sich mit Andersdenkenden austauscht. Was bedeutet das für Trainings, für Learning & Development, Leadership Programme? Eindeutig: weg vom Trainingslabor hin zur reflektierten Praxis!
In der reflektierten Praxis wird der Performanz, der Anwendung von Wissen in der Praxis, höchste Beachtung geschenkt. Denn Wissen, das nicht angewendet wird, ist nutzlos, weil es keinen Wert erzeugt. Ausserdem ist es keine Kompetenz, denn Wissen ohne Handlungsorientierung ist keine Kompetenz. Kompetenz zeigt sich über das konkrete Handeln, die Performanz. Für den Aufbau von Sozial-, Methoden und personale Kompetenzen werden unzählige Trainings, Kurse und Leadership-Programme angeboten. Mit welchem Ergebnis? Mit bescheidener Performanz! Woran liegt das? Sind es die falschen Trainings? Schlechte Trainerinnen und Kursleiter? Liegt es an den Mitarbeitenden, die es nicht anpacken? Vielleicht das eine oder andere oder alles zusammen. Aber auch wenn alles stimmt, die Performanz bleibt bescheiden, weil sich emotionale Intelligenz nur in der Praxis entwickelt. Theoretisch ist es leicht, konstruktiv zu kommunizieren, wenn man keinen Ärger spürt. In der Fallstudie ist einfach, kollektive Emotionen in eine positive Richtung zu lenken und dabei den Smog negativer Gefühle zu vermeiden. Dr. Marie-Louise Harnik und Christoph Lauterburg haben ein Konzept für die reflektierte Praxis entwickelt. Vor vielen Jahren hat Harnik, damalige Abteilungschefin Ausbildung SBB und Lauterburg, Berater für Organisationsentwicklung, in den SBB ein neues Instrument zur Entwicklung von Leadership eingesetzt: kollegiales Coaching in Gruppen. Eine regelmässige, kritische Reflexion des eigenen Tuns gemeinsam mit anderen, die gleiche oder ähnliche Aufgaben haben. In der Evaluation zeigte sich, dass «individuelle Problemlösungskompetenzen im sozialen Bereich deutlich entwickelt wurden und konkrete Probleme im betrieblichen Umfeld angepackt und gelöst wurden». Und das bei gleichbleibenden Ausbildungskosten. In der Weiterentwicklung haben wird diese Coaching-Gruppen mit kurzen Impulsen und theoretischen Modellen ergänzt, je nach Bedarf der Teilnehmenden und des Unternehmens. Dadurch werden Erfahrungen reflektiert, Wissen und Handlungsoptionen erweitert. Der Teilnehmer, die Teilnehmerin erarbeitet sich ein umfassendes Bild der Situation und entwickelt die individuell-passende und situativ-konkrete Handlungsweise. Info: Kollegiales Coaching in Gruppen (pdf) Quellen: Goleman, Daniel (2003): Emotionale Führung. Ulm: Ullstein-Verlag Harnik, Marie-Louise; Lauterburg, Christoph (1994) in OrganisationsEntwicklung 1/1994, Zeitschrift für Unternehmensentwicklung und Change Management Lauterburg, Christoph (2001): Gute Manager fallen nicht vom Himmel in OrganisationsEntwicklung 2/2001, Zeitschrift für Unternehmensentwicklung und Change Management Lippmann, Eric (2004): Intervision. Kollegiales Coaching professionell gestalten. Berlin, Heidelberg, New York: Springer Diversität des 21. Jahrhundert und der Algorithmus, der uns in der eigenen Filterblase hält2/10/2019 Wir bewegen uns in einer globalen Welt. Fast jedes Projekt und jede Aufgabe, ist Teil einer komplexen Matrix. Lösungen, die wir in der Vergangenheit erfolgreich anwenden konnten, funktionieren nicht mehr mit dem gleichen Erfolg. Misserfolg ist das Resultat. Die Pleite von Thomas Cook zeigt es eindrücklich. Der Reisekonzern Thomas Cook führte als erster Anbieter im Jahr 1863 eine Pauschalreise durch (Bewes, 2013). Damals eine Pionierleistung, der den Tourismus in der Schweiz angestossen hat. Heute ist der Konzern Pleite. Betroffen sind rund 600'000 Gäste. Das zeigt, weder Grösse, noch Alter, noch der Pioniergeist in den Anfängen einer Organisation schützen vor Misserfolg. So stellt sich die Frage: wie können wir zukünftige Herausforderungen, beruflich und private, erfolgreich gestalten? Es ist ganz einfach: Die Antwort findest du in deinem Kalender (Torres, 2013) und in deiner Filterblase. Mit wem verbringst du Zeit? Zu welchen Themen? Wohin reist du? Was liest du? Und dann, wie entwickelst du daraus ein Verständnis um potentielle Veränderungen zu verstehen und um hier und heute zu handeln, damit du vorbereitet und bereit bist? Dafür spielt das Mass an Diversität in deinem beruflichen und persönlichen Netzwerk eine grosse Rolle. Doch statt der Auseinandersetzung mit Andersdenkenden, werden Vorurteile und Voreingenommenheit durch die Filterblase und den Algorithmus, der uns in der Filterblase hält, gestärkt. Wir werden umschmeichelt durch das Bestätigen der eigene Gedanken und Sichtweisen. Konkret am Beispiel von Facebook: Weil der Algorithmus gelernt hat, dass mehr Männer als Frauen auf Politwerbung klicken, wird auch in Zukunft politische Werbung mehr Männer als Frauen zeigen (Meier, 1. Oktober 2019, S. 11). Man könnte also sagen, dass wir nur das Gerede vom eigenen Stammtisch hören. So gesehen hat sich nicht viel verändert. Es ist wie früher im Dorf, je nach Stammtisch gibt es eine vorherrschende Meinung und man geht sich aus dem Weg. Wieso ist das heute bei Facebook so? Weil sie pro Klick verdienen und der Algorithmus so programmiert wurde, dass er unsere Vorurteile und Vorlieben befriedigt, damit wir klicken. Das führt dazu, dass wir zwar die Globalisierung bei Lebensmitteln und Produkten sehen, aber die Kapazität im Umgang mit Verschiedenheit noch nicht dazu gehört. So kann es vorkommen, dass wir mit wenig Diversität und viel ‘Cultural Fit’ Transformation und exploratives Lernen verhindern. Dabei ist ein vielfältiges Netzwerk eine gute Ausgangslage um Verhaltensmuster und blinde Flecken von Communities zu erkennen. Ein diverses Netzwerk ist auch eine Quelle für Agilität, Kreativität und Lösungen. Denn es gibt Menschen, die anders denken als du. Die Vielfalt deines Netzwerkes zeigt auch deine Kapazität mit Menschen in Beziehung zu treten, die anders sind als du. Und dass sie trotz dieser Unterschiede genügend Vertrauen zu dir haben, um mit dir zusammenzuarbeiten und ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Quellen: Bewes, D. (2013): Slow Train to Switzerland. London: Nicholas Brealey Meier, P. (1. Oktober 2019): Facebook bestimmt die Empfänger. Bieler Tagblatt S. 11 Strobl, R.; Geradtz, D.; Oberpriller, S. (2. Oktober 2019): Thomas-Cook-Pleite: Versicherung hat bittere Nachricht für deutsche Urlauber. Merkur.de Torres, Roselinde (2013): What it takes to be a great leader. Ted Talk. Ambidextrie beschäftigt sich mit den zwei Dynamiken im organisationalen Lernen (March, 1991): Exploitation und Exploration. Unternehmen lernen aus den vergangenen Erfahrungen, Exploitation genannt. Unternehmen lernen aber auch durch Generierung von neuem Wissen, das ausserhalb der bisherigen Erfahrungen generiert wurde, die Exploration. Würden Organisationen nur aus vergangenen Erfahrungen lernen und die bereits vorhandenen Stärken und Kompetenzen nutzen, hätte man zwar einen Wissensgewinn, aber nur in den bekannten Tätigkeitsfeldern. Hingegen verbreitert neues Wissen die unternehmerische Basis insgesamt. Das Unternehmen gewinnt neue Kompetenzen und kann flexibel auf Veränderungen reagieren (Keller, 2012). Doch Wissen kann Neues verhindern.
Sind Chefs und Kolleginnen im mentalen Modus «Wissen», dann wird nur bestätigt, was schon gewusst wird, analysierte Scharmer (2009). Das ändert sich, wenn man einer Sache mit einem offenen Geist gegenübersteht. Dann werden zumindest Abweichungen zum bisherigen Wissen wahrgenommen. Wird der offene Geist mit Empathie verbunden, dann sieht und versteht man die Sache durch die Augen der anderen. Ist auch noch der Wille für Neues vorhanden, dann wird das generative Potential wahrgenommen. Es entsteht Raum für einen generischen Prozess. Neues Wissen generiert sich. Doch wieso geschieht das an normalen Arbeitstagen so wenig? Vielleicht, weil für viele (Vorgesetzte) der Verlust an Kontrolle eine zu grosse Angst ist. Diese Angst lässt sich mit der Grundhaltung der Demut überwinden. Demut hat eine hohe Kompetenz zur Angstüberwindung und hilft bei der Steuerung von komplexen, sozialen Systemen (Bangert, 2016). Demut bewahrt uns vor Selbstüberschätzung. Sie macht uns agil und langfristig erfolgreich. Das wissen offenbar auch Leonardo DiCaprio und Brad Pitt . Sie wurden nach ihrem Erfolgsrezept für ihre fast 30 Jahre an der Spitze angefragt. Ihre Antwort: Ernsthaftigkeit und eine gewisse Demut. Quellen: Bangert, M. (2016): "Weltmeisterliche Demut" in Geramanis, O. & Kermann, K. (Hrsg): Führen in ungewissen Zeiten. Wiesbaden: Springer Gabler Keller, T. (2012): Verhalten zwischen Exploitation und Exploration. Unveröffentlichte Dissertation. FernUniversität Hagen: 2012. March, J. G. (1991): Exploration and exploitation in organizational learning. Organization Science, 2 (1), 71-87 Scharmer, C. O. (2009): Theorie U – von der Zukunft her führen, Heidelberg: Carl-Auer Verlag Sturm, R. (2019): Leonardo DiCaprio und Brad Pitt: Der Weg der Giganten. The Red Bulletin Schweiz, September 2019 Wäre Fernsehen ein Indikator für Faulheit, wären wir im 2018 weniger faul gewesen. 2 Stunden pro Tag haben die deutschsprachigen Schweizer*innen im letzten Jahr ferngesehen. Rund 20 Minuten weniger als im 2005. Doch werden für die Statistik nur die traditionellen Medien berücksichtigt. Dank den Angeboten von Netflix & Co. verbringen wir vermutlich viel mehr Zeit mit trägem Nichtstun und unserer Faulheit.
Aus buddhistischer Sicht gibt es vier Arten von Faulheit:
Quellen: Arendt, Hannah (2014): Vita Activa oder vom tätigen Leben. 14. Aufl. München: Piper Kalden, Tenzin (2019): Vier Arten von Faulheit. (Unveröffentlichte Unterlagen). Zürich BFS Medienstatistik 2018 https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kultur-medien-informationsgesellschaft-sport/erhebungen/ms.assetdetail.8749.html Woran denken Sie bei "Oben und Unten in Organisationen"? Wahrscheinlich an Hierarchie und Machtgefälle. Dann stinken Oben und Unten nach Überheblichkeit und Hackordnung. Dieser Geruch zieht Narzissmus und ein Übermass an Ego an wie Kuhmist die Fliegen.
Doch Oben und Unten sind wichtige Orientierungspunkte im Raum. Sie helfen zu erkennen, wo wir uns befinden und anderen unseren Standpunkt zu erklären. Damit leite ich aus Oben und Unten keine hierarchische Hackordnung ab, sondern eine organisationale Perspektive. Sie riecht nach Vielfalt, Dialog und qualitativem Wachstum. Ihr Geruch zieht Menschenfreunde mit einem gesunden Selbst an, die ihr Ego für eine übergeordnete Sache zurücknehmen können. Die Perspektive ist abhängig davon, wo man steht und was man betrachtet. Die Organisation wird als dreidimensionaler Raum verstanden, in dem wir uns je nach Aufgabe positionieren. Die Perspektive ist abhängig ist von der jeweiligen Position, Aufgabe und Person. Je operativer die Aufgaben sind, umso differenzierter und detaillierter ist das, was man sieht. Je strategischer sich die Aufgabe gestaltet, umso verschwommener und unklarer sind die Details aber umso weiter ist der Horizont. Jede organisationale Perspektive hat ihre Besonderheit, ihren Mehrwert und auch ihren blinden Fleck. Und: there is no perspective from nowhere. Quellen: Frischknecht, Astrid (2017): Leadership als Co-Creation. Bern: hep-Verlag Nagel, Thomas (1974): What is like to be a bat? in The Philosophical Review, Vol. 83, No. 4 (Oct., 1974), pp. 435-450 . |
AutorinAstrid Frischknecht Archiv
December 2023
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